Tipps

Sicherheitstipps des Alpenvereins Südtirol

Sonnenschein, im ganzen Land beste Schneeverhältnisse und gut präparierte Pisten – egal ob Tourengeher, Snowboarder, Skifahrer oder Freestyler – alle lockt das herrliche Winterwetter rauf auf die Berge.

Und wer von euch hat es noch nicht versucht, die gesicherte Piste zu verlassen um das Abenteuer und den Reiz des Freeridens oder Tourengehens auszukosten?

Wenn Pulverschneealarm angesagt ist und das Adrenalin in die Adern schießt, dann könnte man die Welt rundherum schon einmal vergessen. Zumindest so lange, bis man an einer verschneiten Latsche einfädelt, auf einem versteckten Stein landet oder der Hang über einem als gewaltige Lawine abgeht.
Aus diesem Anlass hier einige Anregungen, die für das Gelingen unserer Winteraktionen im freien Gelände sehr wichtig sind. Neben dem Spaß und der Freude an unserer Tätigkeit, steht die Sicherheit an erster Stelle. Einen Tag in den Bergen können wir eigentlich nur dann genießen, wenn wir wissen was wir tut und was wir uns zutrauen können. So kommen wir am Abend auch wieder heil und gesund nach Hause.

Die Ausrüstung
Neben einer funktionellen und tourentauglichen Bekleidung, sind natürlich die Ski oder das Snowboard von großer Bedeutung. Sie sind die Geräte, die den Fahrspaß garantieren.
Was bei keiner Tour fehlen darf und auf alle Fälle im Rucksack verstaut werden muss, ist die Notfallausrüstung. Dazu gehört Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS-Gerät), Sonde, Schaufel und Erste-Hilfe-Box. Das LVS-Gerät kann senden und empfangen. In einer Lawine verschüttete Personen, können damit geortet werden. Mit der Sonde wird eine verschüttete Person punktgenau lokalisiert und mit einer funktionellen Schaufel, kann man diese Person ausgraben und bergen. Mit dem Inhalt der Ersten-Hilfe-Box kann man die verschüttete und eventuell verletzte Person erstversorgen.

Wartung der Ausrüstung
Diese lebens- und überlebenswichtigen Utensilien gehören bei Saisonsbeginn kontrolliert und gewartet. In das LVS-Gerät gehören neue Batterien. Bei den Bergsportgeschäften können, zumeist gratis, die Geräte auf ihre Funktionalität überprüft werden. Was wir wärmstens empfehlen. Die Sonde soll ausgeszogen werden und man kontrolliert, ob sie sich ordnungsgemäß zusammensetzen lässt. Die Schaufel soll auf Bruchstellen kontrolliert werden. Bei einem Lawinenunfall ist die Schaufel sehr hohen Belastungen ausgesetzt und sehr schnell kann ein Stiel oder die Schaufel selbst brechen. Was schlussendlich verheerende Folgen hat, denn mit bloßen Händen im festgepressten Lawinenschnee zu graben, ist schier unmöglich.
Der Inhalt der Ersten-Hilfe-Box ist auch zu kontrollieren und eventuell auszutauschen. Mullbinden, Garzen usw. haben ein Verfallsdatum. Sind noch alle Utensilien vorhanden?
Was zusätzlich noch in den Rucksack gehört ist ein Biwaksack und natürlich ein Handy.

Die Tourenplanung
Zu einer korrekten Tourenplanung gehören mehrere gezielte Details! Da wir uns im freien und ungesicherten Gelände bewegen, müssen wir selbstverantwortliche Entscheidungen fällen, die unsere Gesundheit und Sicherheit gewährleisten. Diese Entscheidungen kann uns keiner abnehmen. Wir stehen vor einem Hang und wir müssen entscheiden, ob dieser Hang hält, ob wir hier unsere Aufstiegsspur anlegen bzw. unsere Line hinunter ziehen können.
Heute haben wir vielfältige Möglichkeiten unser Tourenziel auszusuchen. Es gibt viele Skitourenführer. Sie machen uns die Bergwelt Südtirols schmackhaft und sie verfügen über wichtige Informationen, die wir in unsere Planung einbeziehen können. Sie geben Auskunft über Aufstiegs- und Abfahrtsmöglichkeiten, über die Höhenmeter, die zu bewältigen sind und die Aufstiegszeit. Wer es ganz genau wissen will, wird noch eine herkömmliche Wanderkarte zu Rate ziehen. Mit etwas Übung kann man sich ein genaues Bild über das Gelände der geplanten Tour machen; wie steil sind die Hänge, sind Steilstufen gegeben, wo sind die Anhaltspunkte, die ich für den Aufstieg brauche, gibt es Alternativen für Auf- und Abstieg.
Als wichtigstes Informationsmedium gilt der Lawinenlagebericht. Er gibt die wichtigsten Informationen, um eine Planung sinnvoll zu gestalten. Er sagt uns wie gefährlich die aktuelle Schneedeckensituation ist.
Im ersten Teil befasst sich der Lawinenlagebericht mit der allgemeinen Lage in Südtirol: wie viel hat es wo geschneit, wie gestalten sich die Temperaturen und welche Niederschläge kann man noch erwarten.
Die Beschreibung der Schneedeckensituation gibt Auskunft über den Schneedeckenaufbau: hat sich der Schnee gesetzt, wie ist die Verbindung zwischen den einzelnen Schneeschichten und welche Rolle hat der Wind gespielt. Der Wind ist bekanntlich der Baumeister der Lawinen.
Im Bereich Lawinengefahr werden die einzelnen Gebiete Südtirols in die Lawinengefahrenstufe eingeordnet. Wie gefährlich ist es z.B. im Ortlergebiet, wie gefährlich im Pustertal. Und in welcher Hangexposition ist besondere Vorsicht walten zu lassen. Dieser Bereich im Lawinenlagebericht gibt uns sicherlich die einfachste Hilfe, um zu entscheiden wo unser Tourenziel liegt.
Im letzten Teil des Lawinenlageberichts wird über die tendenzielle Entwicklung der Wetter- und Lawinenlage informiert. Wir erfahren ob die Lawinengefahr zu- oder abnimmt. Hier kann ich entscheiden, ob ich meine geplante Tour vielleicht doch morgen unternehmen soll, da die Lawinensituation sich entscheidend verbessert.
Den Lawinenlagebericht und die dazugehörige Lawinengefahrenskala findet ihr unter www.provinz.bz.it/lawinen . Der Bericht kann auch telefonisch unter +39 0471/271177 abgerufen werden.


Und los geht’s
Gut vorbereitet und ausgerüstet können wir nun starten und auf Tour gehen. Der diesjährige Winter hat seine Hausaufgaben gemacht und uns wunderbare weiße Berge beschert. Auch wir müssen unsere Hausaufgaben auf Tour machen und sie immer wieder in unser Bewusstsein holen. Dazu müssen wir uns in der Wahrnehmung, Beurteilung und der Entscheidungsfindung üben. Wie gefährlich ist ein Hang, können wir hier unsere Aufstiegsspur anlegen, können wir diesen Hang abfahren? Das sind die Fragen, die wir uns während einer Tour immer wieder stellen sollen, ja sogar müssen. Davon hängt es ab, ob unsere Unternehmung zum Erfolg wird.

Vor dem Beginn einer Tour sind die zwei notwendige Checks zu machen.
Check 1 ist die Kontrolle, ob jedes Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS-Gerät) empfangen kann und bei
Check 2 wird jedes LVS-Gerät getestet, ob es auch sendet.

Nun kann es los gehen. Beim Aufstieg gewähren folgende Standards unsere Sicherheit. Bei der Wahl unserer Aufstiegsspur nutzen wir alle günstigen Geländeformen, die wir vorher in der Karte und im Führermaterial genau studiert haben. Ist das Gelände steiler als 30 Grad, müssen Entlastungsabstände einhalten werden. Wir sind als Gruppe unterwegs, und so wollen wir uns auch verhalten. Wir bleiben zusammen und passen das Tempo der Gruppe an.
Durch genaues Beobachten der Natur, bekommen wir viele Informationen, die für unsere Entscheidungen wichtig sind. Gibt es frische Lawinen? Gibt es Triebschnee? Hört man Setzungsgeräusche (Wummgeräusche)? Gibt es Neuschnee? Wie steil ist der Hang? Diese Informationen vergleichen wir mit dem Lawinenlagebericht, so können wir beurteilen wie sicher oder wie gefährlich das Gelände ist. Eine Ja- oder eine Nein-Entscheidung kann so verantwortungsbewußt gefällt werden, ob eine Tour fortgeführt oder eine Abfahrt über einen Hang gemacht werden kann.
Nebenbei bemerkt: jeder der Teilnehmer in der Gruppe hat seine eigene Wahrnehmung. Diese sollte man vergleichen und besprechen. Jede Meinung ist gefragt. Es wäre falsch, wie die Lemminge einem Leittier zu folgen. Die Entscheidungen werden in der Gruppe gefällt. Das ist wichtig und richtig. Fehler können so minimiert werden. Viele Augenpaare sehen mehr, als eines.

Wenn’s passiert - Tipps für den Notfall
Was machen wir, wenn wirklich der Notfall eintritt? Wie verhalten wir uns bei einem Lawinenunfall?

Dazu einige wissenswerte Informationen.
Bei einer Totalverschüttung ist innerhalb der ersten 15 Minuten die Überlebenswahrscheinlichkeit über 90 %. Innerhalb der nächsten halben Stunde überleben den Unfall nur mehr 27 % der verschütteten Personen. Daraus wird ersichtlich, dass nur eine effektive und schnelle Kameradenrettung dem Verschütteten eine Chance geben.
Studien haben gezeigt, dass Retter nur mit einer kompletten Notfallausrüstung in der Lage sind eine verschüttete Person innerhalb von 15 Minuten zu bergen. Zur Notfallausrüstung gehören das Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS-Gerät), die Sonde und die Schaufel. Und auch nur dann sind die 15 Minuten zu schaffen, wenn man bei der Suche geübt und schnell ist. Das heißt den Notfall müssen wir immer und immer wieder üben, um unseren Tourenfreunden bei einem Notfall effektiv helfen zu können.
Kommt es zu einem Lawinenabgang, sollten wir zuerst die Übersicht gewinnen und die eigene Sicherheit nicht vergessen, damit Folgeunfälle vermieden werden können. Der Erfahrenste in der Gruppe übernimmt die Leitung. Alle sollten das LVS-Gerät ausschalten. Mindestens einer sucht mit Augen und Ohren den Lawinenkegel ab, während weitere Personen mit der LVS-Suche beginnen. Haben wir eine verschüttete Person geortet, sondieren wir, um die Person genau zu lokalisieren. Ist die verschüttete Person lokalisiert, beginnen wir mit dem seitlichen Freischaufeln.
Sind noch mehrere Verschüttete, sofort das Gerät der ausgegrabenen Person ausschalten.
Das Lawinenopfer muss vor weiterer Unterkühlung geschützt werden. Zusätzlich sind die allgemeinen Erste-Hilfe-Maßnahmen anzuwenden.
Erst jetzt wird die Rettung (Notruf 118) alarmiert. Sind genügend Leute am Unfallplatz, kann die Alarmierung bereits vor der Suche erfolgen.
Um für den Notfall gerüstet zu sein, empfehlen wir einen Lawinenfachkurs und einen Erste-Hilfe-Kurs mit Schwerpunkt Bergunfälle zu besuchen.


Textquelle: www.alpenverein.it

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